Wie entsteht Kooperation? Und warum lohnt sich die Zusammenarbeit? Das haben Professor Kost und seine Arbeitsgruppe der Ökologie an Bakterien erforscht und im Fachjournal "Current Biology" veröffentlicht.

 

Was bedeutet Kooperation?

Unter dem Begriff Kooperation versteht man, dass sich zwei oder mehr Organismen gezielt gegenseitig unterstützen und voneinander profitieren. Dazu müssen die beteiligten Partner zunächst ihre wertvollen Ressourcen in den jeweiligen Partner oder das kooperative Netzwerk investieren, statt sie für ihr eigenes Überleben zu verwenden. Das scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv. Ressourcen zur Verfügung zu stellen, ist sehr kostspielig und riskant für einen Organismus, denn am Anfang gibt es keine Garantie für eine Belohnung. Sollte die Energie dann nicht besser in die Sicherung des eigenen Überlebens investiert werden?

© Universität Osnabrück | K. Hofthaler / stock.adobe.com

Ein Paradebeispiel der Kooperation: Bestäuber wie die Honigbiene helfen, das Überleben von Blühpflanzen zu sichern, indem sie die Blüte bestäuben. Im Gegenzug erhält die Honigbiene den wertvollen Nektar, mit dem sie sich und ihre Kolonie ernähren und ihrerseits den Fortbestand ihrer Art sichern kann. In diesem bekannten Beispiel investieren also beide Partner eine wertvolle Ressource: Die Pflanze produziert aufwändige, bunt leuchtende Blüten um die Bienen anzulocken, die Honigbiene wiederum muss viel Energie dafür verwenden, um diese Blüten anzufliegen und den Nektar zu sammeln. In dieser kooperativen Beziehung profitieren beide Partner.

Eine Kooperation zwischen zwei oder mehreren Organismen ist also nur dann langfristig vorteilhaft, wenn sie den beteiligten Partnern bessere Überlebenschancen bietet, als wenn sie sich allein durchschlagen müssten. Aber wann lohnt sich eine solche Kooperation und wann überwiegt der Nutzen die Kosten? Und wie entwickelt sich eine solche Kooperation überhaupt?

 

Wie entsteht Kooperation bei Bakterien?

Christian Kost, Professor für Ökologie in unserem Fachbereich und seine Arbeitsgruppe haben diese Fragestellung an dem bakteriellen Modellorganismus Escherichia coli erforscht und dabei herausgefunden, dass sich auch zwischen einfachen Bakterienstämmen kooperative Wechselwirkungen entwickeln können, wenn der Nutzen für die Kooperationspartner groß genug ist.

Für den Versuch wurden sogenannte „auxotrophe“ Stämme des Bakteriums verwendet, also solche, die auf die Zugabe bestimmten Substrate wie Aminosäuren in das Kulturmedium angewiesen sind, weil sie diese nicht selbst herstellen können. In einer sogenannten „Ko-Kultur“ wurden nun zwei solcher auxotropher Stämme, die auf jeweils eine andere Aminosäure angewiesen waren, in einem Kulturmedium gehalten, das die fehlenden Substrate nicht zur Verfügung stellte. Das Resultat war verblüffend: Die Bakterien fingen an, die jeweils fehlenden Aminosäuren untereinander auszutauschen und waren so trotz fehlender Supplementierung wieder überlebensfähig.

So wurden die beiden auxotrophen Stämme einige Zeit in Ko-Kultur gehalten, um zu beobachten, wie sich diese kooperative Beziehung entwickelt. Erstaunlicherweise blieb es nicht nur beim gegenseitigen Aminosäureaustausch, denn die Bakterien erhöhten im Verlauf mehrerer Generationen sogar die Produktion jener Aminosäuren, die dem anderen auxotrophen Stamm so dringend fehlte und umgekehrt. So konnten die auxotrophe Stämme noch besser und schneller wachsen. Durch diese positive Rückkopplung von Geben und Nehmen ist eine echte Kooperation zwischen den beiden auxotrophen Bakterienstämmen entstanden. Das wurde vor allem dann offensichtlich, als sich die Zellen der unterschiedlichen Stämme zu sogenannten „Zellclustern“ zusammenlagerten. Durch die räumliche Nähe in diesem Cluster können die Zellen gewährleisten, dass sie ebenso viele Nährstoffe erhalten, wie sie auch für den Partner produzieren. Zellen, die nicht Teil eines solchen multizellulären Clusters waren, waren in der Konsequenz weniger überlebensfähig und hatten einen echten Nachteil gegenüber den kooperativen Zellen im Cluster.

Die Forschung von Prof. Kost und seiner Arbeitsgruppe hat gezeigt, wie schon bei Bakterien erfolgreiche und kooperative Wechselbeziehungen entstehen können. Prof. Kost vermutet, dass der Mechanismus der positiven Rückkopplung Grundlage für die Entstehung solcher kooperativer Wechselwirkungen sein kann.