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Digitale Exkursion
Costa Ricas vielseitige Ökosysteme virtuell erleben
Die große Exkursion nach Costa Rica ist seit vielen Jahren eine feste Institution in unserem Fachbereich und immer sehr beliebt. Alle zwei Jahre fahren die Exkursionsteilnehmenden mit unserem Botanikprofessor Klaus Mummenhoff in das südamerikanische Land, das trotz seiner überschaubaren Größe mit einer unfassbaren Vielfalt an ökologischen Lebenszonen aufwarten kann. Nun haben Prof. Mummenhoff, Felix Przesdzink und Sebastian Holt versucht, diese einzigartige Exkursionserfahrung auch digital zugänglich zu machen und sind dafür mit aufwändigem Filmequipment nach Costa Rica gereist. Hier gibt’s die Bilder und den Erlebnisbericht zu dem Abenteuer!
Aus der Not geboren, mit vielen Ideen und noch mehr Gepäck, sind Prof. Klaus Mummenhoff, der Promotionsstudent Felix Przesdzink und Bachelorstudent Sebastian Holt voriges Jahr nach Costa Rica gereist. Ziel war es, die Exkursionserfahrung den Studierenden auch während der Pandemie bedingten Einschränkungen zugänglich zu machen. Felix und Sebastian hatten bereits Erfahrung mit der Digitalisierung von kleinen Exkursionen, die sie für die Lehrveranstaltungen der OSBG (Osnabrücker Biodiversitätsgespräche) und für ihre Arbeit in der Abteilung Biodidaktik im deutlich kleinerem Umfang im Raum Osnabrück und dem Landkreis Emsland durchgeführt hatten. Das Equipment, u.a. eine Drohne für Flugaufnahmen, VR-fähige 360°-Kameras, eine Fotokamera, Strahler für die Beleuchtung und noch vieles mehr waren also bereits vorhanden. So kamen Felix und Sebastian auf die Idee, das Know-How auf die große Exkursion in Costa Rica zu übertragen und kamen mit Prof. Mummenhoff darüber ins Gespräch. Eine Idee war geboren.
Wir haben mit apl. Prof. Mummenhoff, Felix und Sebastian über die Costa Rica Exkursion und das große Digitalisierungsprojekt gesprochen und wollten wissen, welche Erfahrungen sie während der Dreharbeiten gemacht haben.
Seit wann wird die Exkursion angeboten?
Prof. Mummenhoff: Zum ersten Mal habe ich die Exkursion 1993 angeboten, damals mit meinem Kollegen Karl-Georg Bernhardt, der jetzt in Wien an der BOKU (Universität für Bodenkultur, Anm. d. Red.) lehrt. Er hat mich damals auf die Exkursion mitgenommen und das hat mich derartig begeistert, dass ich dann einige Jahre später das Konzept etwas abgewandelt und die Exkursion hier im Fachbereich angeboten habe. Das war 2003 und seither findet sie alle zwei Jahre statt.
Felix: Die Plätze sind immer heiß begehrt!
Welche Rolle spielt die große Exkursion nach Costa Rica für die Lehrerfahrung hier im Fachbereich?
Prof. Mummenhoff: Das Konzept dieser Lehrveranstaltung ist das Erfassen und Kennenlernen von Vegetations- und Lebensformen der Tropen am Beispiel der Neotropis (Tier- und pflanzengeographische Region, Südamerika, Mittelamerika, Westindische Inseln, Südmexiko und Teile Floridas umfassend, Anm. d. Red.) und ich glaube, man kann an diesem tropischen Lebensraum viele Zusammenhänge klarmachen: Von der Geologie über das Klima bis hin zu Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren. Es geht nicht so sehr darum, diese unglaubliche Vielfalt anhand von Artnamen klar zu machen, sondern das Verständnis der Zusammenhänge steht im Vordergrund.
Felix: Ich war 2017 selbst als Exkursionsteilnehmer dabei, 2019 dann erstmals als Tutor und jetzt nochmal zur Digitalisierung. Als Student fand ich es bei diesem Modul toll, dass man in den Tropen das große Ganze sieht. Man fokussiert sich nicht auf eine Artengruppe oder ein Thema, sondern man reist wirklich durch das Land, sieht acht oder neun verschiedene Standorte: man ist im tropisch-alpinen Hochgebirge, in der Mangrove, in Tieflands- und Bergregenwäldern und im Trockenwald unterwegs, sieht diese verschiedenen Ökosysteme und erhebt Messdaten zu deren Charakterisierung. Am Ende hat man dann etwas zum Mitnehmen, ein Verständnis dafür, wie die Tropen funktionieren.
Prof. Mummenhoff: Bei einer Fläche ungefähr von der Größe Niedersachsens bietet Costa Rica so vielen Lebenszonen Platz wie nirgendwo anders auf der Welt. Das geht hin von Mangroven über verschiedene Typen von Tieflandsregenwäldern, verschiedene Stufen des Bergregenwaldes bis hin zu tropisch-alpinen Vegetation. Das bekommt man weltweit auf so einer kleinen Fläche nicht noch einmal zu sehen. Die zweite Besonderheit dieses Exkursionsmoduls ist, dass wir die Studierenden in Kleingruppen Projekten zuordnen, die dann in einer relativen kurzen Zeit durch entsprechend gute Vorbereitung kleine Versuche mit Datenerhebungen machen, diese vor Ort diskutieren, auswerten und in das Protokoll einfließen lassen. Ein Beispiel ist die Untersuchung von mutualistischen Wechselwirkung zwischen Ameisen und Pflanzen.
Felix: Es ist einfach etwas Anderes, ob du dir eine Vorlesung oder einen Seminarvortrag anhörst und vorbereitest, Filme anschaust usw oder ob du im Gelände bist. Was ich bei Exkursionen immer besonders finde, ist, dass man zwangsweise eine Woche oder in diesem Fall sogar 3 Wochen vor Ort ist und als Gruppe den ganzen Tag miteinander verbringt, da entsteht eine Gruppendynamik. Man lebt für zwei bis drei Wochen mitten in diesem Ökosystem, es ist die ganze Zeit um einen herum. Man sieht es, man hört es, nimmt es ganz anders wahr. Das ist eine ganz andere Lernatmosphäre.
Sebastian: Ich bin in der Abschlussphase meines Bachelorstudiums und hatte das Glück, für die Digitalisierung mitfahren zu dürfen. In diesen zwei Wochen habe ich mit Abstand am nachhaltigsten im ganzen Studium gelernt, weil ich von morgens 6 Uhr bis abends 22 Uhr auf Achse war und mich immer wieder in die neuen Ökosysteme einleben und eindenken musste. Das war so prägend, dass ich da im Vergleich zu irgendwelchen Online-Laborpraktika mit Abstand noch am meisten von weiß.
Prof. Mummenhoff: Momentan ist eine solche Exkursion wichtiger als je zuvor, in Zeiten des Klimawandels gekoppelt mit dem Artensterben. Da brauchen wir gut ausgebildetes Fachpersonal. Diesbezüglich ist leider zu beobachten, dass weltweit offenbar die Ausbildung solcher Experten stagniert, ja sogar. zurückgeht. Erst kürzlich wurde in England publiziert, dass man das erkannt hat und ein entsprechender Hilferuf gestartet wurde: Wir brauchen wieder mehr Fachpersonal mit Arten- und Formenkenntnissen! Wie will man sonst eines der größten Probleme unseres Planeten lösen?
© Sebastian Holt | Universität OsnabrückMit dem Geländewagen ging es von Drehort zu Drehort, das ganze Filmequipment immer dabei. In Costa Rica sind, dem Ökotourismus geschuldet, oftmals Zubringer in die Ökosysteme vorhanden. Ein unschlagbarer Vorteil für das Exkursionsteam!
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, die Costa Rica Exkursion zu digitalisieren?
Prof. Mummenhoff: Die Costa Rica Exkursion sollte regulär im Februar 2021 stattfinden, das Seminar und die Vorlesung fanden bereits zuvor statt. Wir haben dann aber leider wegen der Corona-Pandemie kein grünes Licht bekommen. Das Gleiche hat sich 2022 wiederholt, erst sah es gut aus, dann ging es leider wieder nicht. Deswegen haben wir 2022 das digitale Format gewählt, das wurde uns dann genehmigt.
Felix: 2022 musste endlich etwas Anderes her, die Studierenden hatten ja schon den theoretischen Teil des Moduls (Seminar und Vorlesung, Anm. d. Red.) im Wintersemester 20/21 absolviert und es haben nur die Übungen gefehlt. Dann habe ich eines Tages mit Klaus (Mummenhoff, Anm. d. Red.) zusammengesessen und wir waren traurig darüber, dass es mit der Exkursion wieder nicht klappt. Klaus kenne ich noch von meiner Bachelorarbeit und der Costa Rica Exkursion Jahre zuvor, die ich selbst als Student besucht hatte. Fachlich bin ich danach in die Biologiedidaktik gewechselt, aber wir hatten in der Lehre immer mal wieder miteinander zu tun. Dann habe ich ihm erläutert, dass wir schon kleinere Exkursionen digitalisiert hatten, warum also jetzt nicht eine große?
Prof. Mummenhoff: Ohne das Engagement der beiden Studierenden hier wäre das nicht möglich gewesen und das beruht schon auf Freiwilligkeit und Engagement für die Sache. Das ist hoch einzuschätzen.
Felix: Ich bin auch schon so ein Naturdoku-Kind. Es war ein immer ein Traum von mir, meine eigene Naturdokumentation zu drehen, deswegen hat mir das so viel Spaß gemacht.
Prof. Mummenhoff: 2022 konnten wir dann also das digitale Material nutzen. Wir haben dazu ein alternatives Praktikum angeboten. Dazu haben wir uns im Kursraum anatomische Präparate angeschaut, auch von den Pflanzen aus den verschiedene Lebenszonen Costa Ricas. Wir haben zusätzlich einfache physiologische Versuche durchgeführt, uns mit Lianenökologie und Anpassungen an Trockenstress beschäftigt und zusätzlich das digitale Material eingesetzt.
Was habt ihr neben Lehrvideos und Naturaufnahmen aus Costa Rica noch digital zugänglich gemacht?
Felix: In Costa Rica machen wir eigentlich in jedem Ökosystem einen sogenannten Plot, eine Absteckung im Feld von 10x10 Metern. Die Studierenden schauen sich dann in diesem Plot verschiedene mikroklimatische Parameter an: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichtstärke, UV-Strahlung …
Prof. Mummenhoff: …Pflanzenbewuchs, Deckungsgrad, Abschätzung der gesamten Biomasse, Anteil Lianen, Anteil Epiphyten, Stammdurchmesser der Bäume, Bodenprofil, Bodenatmung (O2 - und CO2 ) Messungen und vieles mehr. Um einiges davon auch im alternativen Praktikum wahrnehmen zu können, haben wir die Aufnahmen aus Costa Rica genutzt. Dort hatten wir die VR-Kamera in jede der vier Ecken des Plots und in die Mitte gestellt und gefilmt. So konnten sich die Studierenden mit der VR-Brille durch den Plot klicken und aus verschiedenen Blickwinkeln anschauen, ein bisschen, als wären sie wirklich da gewesen. Dann sind wir für die Digitalisierung noch mit der Drohne über den Plot geflogen, sodass die Studierenden im Praktikum mit der VR-Brille auch einen Blick von oben hatten. Zusätzlich haben sie zur Auswertung die Messdaten von den Exkursionsgruppen aus den Jahren davor bekommen.
© Sebastian Holt | Universität OsnabrückNeben der giftigen Terciopelo Lanzenotter (Bothrops asper) ist das Expeditionsteam noch auf weitere, nicht weniger giftige Schlangen getroffen: Hier konnte Sebastian die wunderschöne Greifschwanz Lanzenotter (Bothriechis schlegelii) fotografisch festhalten.
Wie habt ihr das Equipment durch den Dschungel bekommen? Hattet ihr Hilfe?
Felix: Rolf Blancke, unser Projektpartner in Costa Rica, hatte zum Glück noch seinen Kumpel Henry dabei, einen Costa-Ricaner, der gerade Zeit hatte und sich für die Exkursion interessiert hat. Er hat uns auch beim Koffertragen geholfen, aber es ist trotzdem immer noch eine ziemliche Schlepperei für uns alle gewesen. Wir haben die Drohne für die Luftaufnahmen dabeigehabt, die war in einem Alukoffer, dann die 360°-Kamera, Go-Pros als Actioncams für die dynamischen Aufnahmen, ein Fotoapparat mit Teleobjektiv, Stative, für Nachtszenen hatten wir dann auch noch Strahler dabei, Ansteckmikrofone – es war dann am Ende eine 30-40 Kilo schwere Kiste. Durchs Land selbst sind wir mit Rolfs Geländewagen gefahren, aber man musste natürlich zu den Drehorten zu Fuß gehen und das war schon eine ziemliche Schlepperei. Man muss aber auch sagen, dass Costa Rica eine sehr lange Historie im Bereich Ökotourismus hat und dadurch auch viel Infrastruktur vorhanden ist. Man kommt recht gut in die Ökosysteme rein, was z.B. in Nicaragua nicht unbedingt der Fall ist. Es gibt Wege, man musste sich jetzt nicht mit der Machete durchs Dickicht schlagen (lacht).
Prof. Mummenhoff: Es ist sowieso ein Irrglaube, dass es dort so dicht ist. Das deutet eher auf eine Störung hin. Durch den Tieflandregenwald kann man so durchmarschieren. Bergregenwälder hingegen sind in Bodennähe dichter bewachsen. Eher gestörte Bereiche wie z.B. die Uferbereiche von Regenwaldflüssen sind dicht mit Lianenvorhängen behangen. Da muss man erstmal durchkommen.
Felix: Wir hatten eine Machete dabei, aber sie kam recht selten zum Einsatz.
Prof. Mummenhoff: Ich fand das größte Problem neben der Schlepperei war der sehr eng getaktete Zeitplan und wir mussten die Lehrvideos sehr spontan aufnehmen. Wir konnten nicht mehrfach proben, man musste ad hoc vor der Kamera das Thema parat haben und auch einigermaßen flüsssig und fehlerfrei vortragen, was nicht immer gelungen ist.
Felix: Zeit war glaube ich der entscheidende Faktor. Wir waren auch nur zwei Wochen unterwegs für die Digitalisierung, die eigentliche Exkursion dauert aber drei Wochen. Insgesamt sind es bestimmt 60 Einzelvideos geworden plus die ganze Fotografie. Jede Szene wurde nur einmal gedreht, selten ein zweites Mal, wenn beispielsweise komplett der rote Faden weg war. Deswegen sind wir selbst so überrascht, dass es jetzt gar nicht mal so schlecht aussieht. Aber der Zeitplan war wirklich sehr eng. Nach einem Dreh an einem bestimmten Ort mit mehreren Videos aus verschiedenen Blickwinkeln hieß es dann auch schnell „Komm weiter, wir müssen heute noch andere Sachen abdrehen!“.
Prof. Mummenhoff: Ja, das war anstrengend.
Felix: Ach und dann sind Sebastian und ich noch einen Drehtag ausgefallen, weil wir nicht ganz durchgegartes Hühnchen gegessen haben und komplett flachlagen.
Ich wollte gerade fragen, was so richtig schiefgelaufen ist
Sebastian: Das! (Alle lachen). Das war wirklich blöd.
Felix: Da musste ich zwischen zwei Dreharbeiten in den Wald reiern, das war schon nicht so schön.
Prof. Mummenhoff: Das war kein ganzer Tag Ausfall, du hast das konzentriert auf eine Stunde Auszeit und musstest in der Mittagszeit schon wieder weitermachen, das passte gerade so!
Felix: Sebastian musste da noch schnell die Drohne landen, weil ihm auch schon schlecht wurde.
Sebastian: So mit zwei Stunden Verspätung lag ich dann auch flach, mitten im Regenwald, da waren wir gerade an der Atlantikküste.
Prof. Mummenhoff: Da hat man es als Fast-Vegetarier einfacher – das Hühnchen sah mir schon so dubios aus, so fettig …
Felix: Du hast mir doch deine Reste gegeben, deswegen ging es mir doch so schlecht!
Prof. Mummenhoff: Weil du den Hals nicht vollkriegen konntest! (Alle lachen)
© Youtubekanal "Virtuelle Exkursionen", ScreenshotNeben vielen Drohnen- und 360°-Videos sind auch die klassischen Lehrvideos am Objekt Teil der Digitalen Exkursion. Hier erklärt Prof. Mummenhoff, wie sich die sogenannten Emergenten, einzelne Baumriesen, die mit ihrer Krone das Kronendach des Waldes überragen, mit ihren Brettwurzeln im Boden festhalten.
Was für Herausforderungen seid ihr während der Dreharbeiten noch so begegnet?
Prof. Mummenhoff: Wir haben einmal im strömenden Regen gedreht, als wir mit dem Boot unterwegs waren. Da sind wir bis auf die Haut nass geworden!
Felix: Und vergiss nicht die Moskitos in den Mangroven!
Prof. Mummenhoff: Oh, die Moskitos waren furchtbar.
Felix: Sebastian und ich mussten uns außerdem im Nachhinein auf eine Tropenkrankheit testen lassen, weil wir in einer Unterkunft übernachtet haben, in der blutsaugende Chagas-Wanzen unterwegs waren, die Parasiten übertragen. Gegen die Chagas-Krankheit gibt es keine Impfung, da kann man nichts tun außer regelmäßig zum Kardiologen zu gehen, um eine Herzschwäche zu verhindern. Da waren wir also sehr froh über den negativen Test.
Prof. Mummenhoff: Das mit der Chagas-Wanze ist echt eine gefährliche Geschichte. Die Sandfliegen waren auch sehr lästig- tagsüber Sandfliegen, abends Moskitos. Giftschlangen sind auch noch ein Thema, aber die trifft man eher selten. Wir haben sogar Giftschlangen gesucht, weil wir alle sehr amphibien- und reptilieninteressiert sind. Gesehen haben wir dann Botriechis schlegelii (Schlegels Lanzenotter, Anm. d. Red.) und Bothrops asper (Terciopelo-Lanzenotter, Anm. d. Red.), eine der giftigsten Schlangen Mittelamerikas. Da sollte man besser nicht drauftreten.
Sebastian: Am meisten Sorge hatte ich eher vor den „Bullet Ants“, oder auch der 24-Stunden-Ameise (Paraponera clavata, Anm. d. Red.), im Tieflandsregenwald. Das sind große Ameisen, die unglaublich schmerzhaft und giftig sind. Gott sei Dank haben wir keine Probleme gehabt.
Bei all den schönen Videos und Bildern, ist das digitale Angebot eine echte Konkurrenz zur realen Exkursion?
Prof. Mummenhoff: Jetzt kann ja der Eindruck aufkommen, man könnte so eine Exkursion in die Tropen durch ein digitales Format ersetzen, aber das kann es natürlich nicht. Im Gegenteil, die Studierenden hatten durch das digitale Praktikum so ein großes Interesse an den Fragestellungen bekommen, dass sie das unbedingt nochmal vor Ort erleben wollten. Also ein klares Fazit: Diese digitalen Formate sind sehr gut geeignet um das eigentliche Exkursionsmodul zu ergänzen bzw. vorzubereiten. Auf keinen Fall ist es dazu geeignet, dieses Modul zu ersetzen.
Felix: Die Exkursion soll natürlich auch weiterhin stattfinden. Das wird bald der Lehrstuhlvertreter der Abteilung Biologiedidaktik, Dr. Florian Fiebelkorn, übernehmen. Die Lehrvideos können wir dann zur Vorbereitung nutzen. Das Material findet also auch zukünftig noch eine sinnvolle Verwendung, aber wir werden den Leuten jetzt nicht nur noch Videos zeigen.
© Sebastian Holt | Universität OsnabrückHier hat Felix ein Faultier vor die Kamera bekommen.
Die Digitalisierung eurer Exkursion war nur der Anfang – was sind eure Pläne?
Felix: Wir sind von der Qualität der Videos im Nachhinein echt positiv überrascht gewesen, weil das Konzept ja eigentlich aus der Not entstanden ist. Sebastian und ich fahren bald nochmal nach Costa Rica mit einem dritten Studenten, wir haben dafür Geld vom Costa Rica Zentrum und einen Zuschuss vom Fachbereich zugesagt bekommen. Außerdem beantragen wir gerade noch bei der Universitätsgesellschaft eine Reiseförderung. Das alles ist nötig, um aus dem Material eine Youtube-Doku zu machen. Die soll sich dann an studieninteressierte Schüler und Schülerinnen richten und das Biologiestudium in Osnabrück attraktiv darstellen. Außerdem wollen wir das Konzept unserer Exkursionsdigitalisierung veröffentlichen.
Sebastian: Unser digitales Exkursionsmaterial ist auf dem Niveau für Biologiestudierende im 4. oder 5. Semester, jetzt würden wir das Material gerne aufbereiten für 11.-12.KlässlerInnen, die überlegen in Osnabrück Biologie zu studieren.
Prof. Mummenhoff: Es ist wichtig, an die Schulen zu gehen! Dass die SchülerInnen problembewusst werden, sich Gedanken machen und die Zusammenhänge verstehen! Es wird viel mit Schlagworten gearbeitet, da muss man einfach mal erklären, wie funktioniert so ein tropischer Regenwald, warum kann so ein Wald viel CO2 speichern und warum ist er wichtig für das weltweite Klima und den Wasserkreislauf? Mit Bildern kann man die Leute packen. Über die Problematik im Tieflandsregenwald reden viele, aber der tropische Trockenwald ist dagegen weitgehend unbekannt. Mit unseren digitalen Lehrvideos kann man SchülerInnen und Studierenden zu einem ganz neuen Problemfeld führen, von dem sie noch gar nichts gehört haben. Dieser tropische Trockenwald ist weltweit leider schon weitgehend vernichtet.
Vielen Dank für das spannende Interview!
© Sebastian Holt | Universität OsnabrückMit seinen faszinierenden Aufnahmen aus Costa Rica hat Sebastian Holt außerdem einen Wettbewerb der Ingeborg-Sieber-Stiftung gewonnen. Die Osnabrücker Kunststiftung ermöglicht es ihm, seine Bilder ab Juni 2023 im Botanischen Garten auszustellen. Wer also mehr sehen möchte, darf sich im Sommer auf eine Austellung freuen! Wir gratulieren herzlich!