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Abschlussarbeiten
Leas ungewöhnliche Bachelorarbeit
Den Auftakt der neuen Artikelreihe "Abschlussarbeiten" gibt Lea (22), die während der Coronakrise ihre Bachelorarbeit geschrieben hat. Wie war es, während dieser ungewöhnlichen Zeit und ohne praktisches Arbeiten eine Abschlussarbeit anzufertigen? Und was ist die größte Herausforderung am Arbeiten im Homeoffice? Wir haben nachgefragt!
Hallo Lea, herzlichen Glückwunsch zu deinem Bachelorabschluss in dieser besonderen Zeit!
Womit hast du dich in deiner Abschlussarbeit beschäftigt?
Ich habe mich mit Salmonella infantis (Anm.d.Red.: Ein Salmonellenstamm) beschäftigt. Wir wollten mittels bioinformatischer Analysen herausfinden, ob ein bestimmtes Autotransporterprotein ein Adhesin darstellt (Anm.d.Red.: Ein Adhesin ist ein Oberflächenprotein auf derZelloberfläche, das von Pilzen und Bakterien zur Anheftung an andere (Zell-)Oberflächen benötigt wird). Es wird überall als Adhesin annotiert, aber es wurde nie bewiesen, woran es überhaupt bindet oder an welchem Schritt der Infektion und Besiedlung es eine Rolle spielen könnte. So habe ich dieses Protein mithilfe von bioinformatischen Methoden mit bereits bekannten Autotransporter-Adhesinen verglichen und dabei konnten wir sämtliche Autotransportereigenschaften nachweisen. Auch aufgrund der Aminosäuresequenz wurde deutlich, dass es Adhesin-ähnlich ist. Jetzt muss es nur noch in der Praxis bewiesen werden.
© Universität Osnabrück | Lea HinrichsEine gute Betreuung, ein bioinformatisches Thema und ihr Durchhaltevermögen haben es Lea ermöglicht, die Bachelorarbeit auch im Digitalen Semester erfolgreich fertigzustellen. Lea ist froh, dass alles so gut geklappt hat und ist zufrieden mit dem Ergebnis. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung in diesem besonderen Semester!
Du hast deine Abschlussarbeit wegen der aktuellen Situation zuhause geschrieben?
Ja, ich habe komplett von zuhause aus gearbeitet. Normalerweise würde man ja für 3 Monate ins Labor gehen und dann 1 Monat lang die Abschlussarbeit schreiben. Bei mir war es so, dass ich mich im ersten Monat nur mit Literatur befasst habe, mich auf das Thema eingestellt habe und dann überlegt habe, wie man das Ganze jetzt mit bioinformatischen Analysen übers Internet hinkriegen könnte?
Wie war es für dich, die Abschlussarbeit, das, worauf man während des Studiums hinarbeitet, zu starten und dann nicht praktisch im Labor arbeiten zu dürfen? War das schwierig für dich?
Im Großen und Ganzen bin ich schon ganz gut damit klargekommen, das war aber auch dem Thema geschuldet. Da hatte ich großes Glück, weil es theoretisch so gut umsetzbar war. Aber natürlich ist man auch enttäuscht, weil einem ja auch 3 Monate Laborerfahrung flöten gehen. Das ist ja auch Praxiserfahrung und im ganzen Studium ist man ja sonst höchstens zwei Wochen am Stück im Labor. Das fand ich schon sehr schade, aber auch komplett nachvollziehbar. Ich war überhaupt erstmal froh, dass die Erstellung der Bachelorarbeit möglich gemacht wurde.
Wir haben jetzt im Nachhinein die Möglichkeit gekriegt, nach der Bachelorarbeit noch für einen Monat zum Forschen ins Labor gehen zu dürfen. Das fließt zwar nicht mehr in die Note ein und ist eine Art freiwilliges Praktikum, aber das finde ich sehr gut und ich hatte mich sofort dafür gemeldet. Die Praxiserfahrungen sind einiges wert und meine Analysen sahen so vielversprechend aus, dass eventuell spannende Ergebnisse herauskommen könnten. Dabei sind wir aber nie alle gleichzeitig im Labor.
Hast du dich, bevor klar war, dass du eine theoretische Bachelorarbeit schreiben wirst, schon für bioinformatische Methoden interessiert oder bist du erst durch diese Arbeit dazu gekommen?
Dass ich mich mit dem Protein befasse und auch mit Salmonellen, stand schon vorher fest, aber nicht, dass es nur bioinformatisch sein sollte. Ich habe mich auch schon vorher viel mit dem PC beschäftigt, aber richtig bioinformatisch hatte ich noch nicht gearbeitet. Aber es hat jetzt keine großen Probleme bereitet, natürlich musste man da erstmal reinkommen und die Interpretation der Daten war schwierig, aber es hat gut geklappt, weil ich meine Betreuerin jederzeit fragen konnte und wir die Ergebnisse zusammen übers Internet diskutiert haben. Außerdem habe ich in dieser Bachelorarbeit auch sehr viele Abbildungen erstellt und konnte mich so auch mal einen Tag nur an eine Abbildung setzen und die richtig ausarbeiten. Das ist schon echt schön geworden.
Hast du ein bisschen Sorge, dass die fehlende Praxiserfahrung für dich ein Nachteil darstellen könnte? Zum Beispiel für den Master?
Ein wenig, aber ich sag mal so, es betrifft ja nicht nur mich, von daher denke ich mal, dass es kein Nachteil sein wird. Es wird sich zeigen.
So ganz allein war Lea während der Schreibphase aber dann doch nicht - auch beim Onlineseminar waren ihre Katzen immer dabei. Dabei ernsthaft zu bleiben, war für sie manchmal eine Herausforderung.
Was war die größte Herausforderung in dieser Zeit neben der fehlenden Laborpraxis? Die Schließung der Bibliothek?
Nein, absolut nicht, die Literatur habe ich auch online in den Datenbanken gefunden, dafür hat mir die Bibliothek nicht gefehlt.
Ich habe auch im normalen Studium schon sehr viel von Zuhause aus gemacht, da kann ich mich auch am besten konzentrieren. Aber dieses 24/7 zuhause sein, das ist echt anstrengend geworden, alleine schon, sich täglich zu motivieren und sich wirklich da dranzusetzen. Ich habe auch versucht, nie den Fernseher anzumachen! Aber das Handy war natürlich die größte Ablenkungsquelle, das war wirklich schwer. Und sich auch zu sagen: „Ich setz mich jetzt an den Schreibtisch, und nicht aufs Sofa!“. Denn am Schreibtisch habe ich es mehr durchgezogen, als wenn ich mich gemütlich zum Lesen aufs Sofa gesetzt hätte.
Mein Kater hat außerdem auch immer noch versucht, sich mit auf den Schoß zu legen. Das war auch eine Herausforderung! Und bleib mal ernst, wenn dich während eines Online-Seminars eine Katze über den Laptop hinweg anstarrt!
Was sind deine ultimativen Tipps um zu verhindern, dass das Smartphone so eine schlimme Ablenkungsfalle wird?
Das Handy so weit weglegen, dass man aufstehen muss! Und dann am besten auch auf lautlos stellen und sich Zeiten setzen, in denen man sich nur auf die Arbeit konzentriert, z.B. von 8-11 Uhr oder so. Zeiten, in denen man normalerweise auch ins Labor gehen würde. In den Zeiten dann auch gut durchziehen, Mittagspause und dann nochmal am Nachmittag, sonst wird das nichts. Ich hatte da aber auch hohe Ansprüche an mich, man möchte ja auch zeigen, dass man sich reingehängt hat.
Wie geht es jetzt für dich weiter? Machst du den konsekutiven Master?
Ja, genau. Ich fange ab Mitte Oktober den Master (Anm. d. Red.: „Biologie/Biology – From Molecules to Organisms“) in Osnabrück an.
Manche mögen es Bequemlichkeit nennen, aber ich kenne den Campus und die Lehrenden hier gut, außerdem möchte ich gerne weiter in der Mikrobiologie arbeiten. Da ist das CellNanOs (Anm. d. Red: Unser Forschungsbau) natürlich sehr interessant. Dadurch, dass Biologie hier ein etwas kleinerer Studiengang ist und auch alle Gebäude am Campus nah beieinanderliegen, hat man alles an einem Ort, man weiß wo alles ist. Den Westerberg an sich finde ich auch sehr schön.
Ein Fazit zu deiner Bachelorarbeit?
Für mich persönlich war es eine sehr gute Sache. Meine Bachelorarbeit war theoretisch sehr gut umsetzbar, was sicherlich meinem Thema geschuldet war. Ich kann nicht sagen, ob es besser oder schlechter war als eine praktische Abschlussarbeit. Mir fehlt zwar die praktische Umsetzung, aber dafür hat man sich mehr mit der Theorie dahinter beschäftigt, das kann auch ein Vorteil sein.
Wir wünschen dir viel Erfolg für dein Masterstudium und bedanken uns für das Interview!