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Den Fettstoffwechsel einer Zelle verstehen: Das kann Jungprofessor Florian Fröhlich mit bioanalytischer Chemie!
Seit 2016 ist Florian Fröhlich mit seiner Forschungsgruppe "Molekulare Membranbiologie" in unserem Fachbereich zuhause und verbindet seither biologische Fragestellungen mit modernster Technik. Das weite Feld der Massenspektrometrie sowie die neuartigen Anwendungen in Lipdomics/Proteomics sind dabei sein Steckenpferd. Nun darf er einen Professortitel tragen und bekleidet die neue Professur "Bioanalytische Chemie". Was sich dahinter versteckt und wie es sich anfühlt, nun ein Professor zu sein, das erfahrt ihr hier!
Hallo Herr Fröhlich, herzlichen Glückwunsch zur Professur "Bioanalytische Chemie", die Sie seit diesem Sommer bekleiden dürfen! Aber was ist eigentlich Bioanalytische Chemie?
Bioanalytische Chemie ist im Grunde eine Konstruktion. Wir haben es Bioanalytische Chemie genannt, weil wir biologische Fragestellungen mit chemischen Analysemethoden verbinden. Wir nutzen ein sehr breites Spektrum, von der klassischen Biochemie, Zellbiologie bis zur Genetik. Wir nutzen aber auch massenspektrometriebasierte Proteomics und Lipidomics – also die Analyse aller Proteine oder Lipide in Zellen. Man kann sich sicherlich streiten, ob Massenspektrometrie eine chemische, eine physikalische oder eine andere Methode ist.
Provokant gefragt: Bioanalytische Chemie: Ist das nun Biologie oder Chemie?
Biologie! Von dem her, was wir hier machen, auf jeden Fall Biologie. Provokant zurückgefragt: Ist Biochemie Biologie oder Chemie?
Biologie!
Genau. Ich glaube die moderne Molekularbiologie umfasst einfach alles: Biochemie, Zellbiologie, wir benutzen Genetik, Massenspektrometrie, Strukturbiologie… wir machen das, was wir brauchen, um unsere Fragestellungen zu lösen. Und die ist: Wie ist der Fettstoffwechsel der Zelle reguliert?
War Ihnen schon im Studium klar, dass Sie Professor werden wollen oder kam der Wunsch im Laufe der Zeit?
Ich glaube das kam im Laufe der Zeit, weil das ja nicht planbar ist. Ich bin nach dem Studium ein bisschen in die Promotion reingerutscht und dann hat sich alles so ergeben, dass man immer weitergemacht hat, immer die Überlegung, „den nächsten Schritt kann ich noch machen“. Aber geplant im Studium habe ich das nicht und kann man auch gar nicht, glaube ich. Ich habe zum Glück auch sehr schnell promoviert, das war aber notwendig, weil mein Labor nach dreieinhalb Jahren umgezogen ist.
Was hat Sie an Osnabrück gereizt, dass Sie hierbleiben und hier Ihre Arbeitsgruppe aufbauen wollten?
Die Ausrichtung des Fachbereichs! Osnabrück ist jetzt nicht die größte Universität. Aber ich habe über persönlichen Kontakt mit Christian [Ungermann, Anm. d. Redaktion], den ich immer wieder auf Konferenzen getroffen habe, davon gehört und mir das Ganze dann angeguckt. Und durch den Sonderforschungsbereich [Physiologie und Dynamik zellulärer Mikrokompartimente, Anm. d. Redaktion], den es hier gibt und hoffentlich auch in Zukunft in Form eines neuen SFBs weiterhin geben wird, ist die Ausrichtung des Fachbereichs sehr nah an dem, was ich machen wollte. Wenn man sich anguckt, was hier in den letzten zehn Jahren mit dem CellNanOs und den Möglichkeiten, die man hier hat, entstanden ist, ist das für mich eigentlich der perfekte Standort. Deswegen war ich sehr glücklich, hierher zu kommen.
Stehen Sie selbst für Experimente noch ab und zu im Labor oder ist das mit den neuen Aufgaben selten geworden?
Ich würde gerne mehr im Labor stehen, aber es ist mittlerweile schon so, dass die Leute lachen, wenn ich ins Labor komme und was machen will (lacht). Das geht relativ schnell, dass sie denken, dass man es selber nicht mehr könnte, dabei habe ich diese Arbeit selbst auch 10-15 Jahre lang gemacht. Manchmal mache ich noch was im Labor, das sind aber immer so impulsive Taten, würde ich sagen. Man bekommt es schwer hin, mal eine Woche wirklich durchgängig was im Labor zu machen. Du weißt ja selber, wieviel Zeit man da reinstecken muss, um etwas sinnvoll und produktiv zu machen, man kann ja nicht nach zwei Wochen wieder aufhören.
Lehre ist ja jetzt ein großer Teil Ihres Arbeitsalltags. Was für Lehrveranstaltungen geben Sie?
Ich werde zum Wintersemester die Chemie für Biologen –Grundmodulvorlesung neu aufsetzen. Ich glaube, dass man da die Leute besser auf die biologischen Fragestellungen vorbereiten kann, wenn man das als Biologe macht. Dass man ein bisschen erklärt, wofür man Chemie hier im Fachbereich braucht und dass Chemie nicht nur notwendig ist, wenn man Biochemie machen will, sondern dass Chemie eigentlich auch eine Rolle spielt, wenn man Neurobiologie, Verhaltensbiologie oder Ökologie machen will, z.B. für Gradienten, die andere Mikroorganismen anziehen oder ähnliches. Das ist ja auch Chemie. Das versuche ich den Studierenden zu erklären.
Dann mache ich noch ein Mastermodul, das heißt „Pathobiochemie“. Da geht es in erster Linie um biochemische Prozesse an Membranen, wir schauen uns den Lipidstoffwechsel an und versuchen auch die Inhalte der Vorlesungen mit krankheitsrelevanten Themen zu verbinden. Wenn man über Cholesterol oder Fettstoffwechsel generell spricht, dann ist das natürlich nicht so schwierig. Da gibt es ganz interessante Sachen. Viele Studierende wollen auch gerne etwas über Krankheiten lernen. Wir versuchen den Studierenden beizubringen, dass das Grundverständnis der biochemischen Abläufe essentiell ist, um Krankheiten auf molekularer Ebene zu verstehen. Und ich glaube die Grundlagenausbildung, die man hier bekommt, ist schon sehr gut.
© Jens Raddatz | Universität OsnabrückErst im Sommer diesen Jahres hat Dr. Florian Fröhlich seine Urkunde zur Ernennung zum Universitätsprofessor entgegen nehmen dürfen und bekleidet nun die Professur Bioanalytische Chemie.
Was stellen Sie sich für ihre Lehre vor? Wie möchten Sie sie gestalten und was ist Ihnen besonders wichtig?
Mir ist am wichtigsten, dass die Leute etwas dabei lernen und dass es ihnen Spaß macht. Es ist wichtig, nicht nur Studierende da sitzen zu haben, weil sie es müssen, sondern weil sie auch was mitnehmen wollen. Das ist natürlich immer schwierig, 100% mitzunehmen und dass es allen gefällt. Aber ich glaube, wenn man das ein bisschen anwendungsbasiert macht und wenn man nicht nur reine Grundlagen abarbeitet, sondern den Leuten auch schon ein bisschen mitgibt, wofür das alles wichtig sein kann, könnte das ganz interessant werden. Die Bachelorstudierenden kommen hier hin und wissen tatsächlich noch nicht, wie Biologie im Labor funktioniert. Zumindest ist das mein Eindruck. Und wenn man ihnen ein bisschen beibringen kann, wofür das wichtig ist und ihnen ein bisschen Perspektive und einen Anreiz gibt, dass das Lernen dieser Dinge auch irgendwann mal Sinn macht und sie nicht nur des Lernens wegen lernen, dann ist das gut. Aber wie man das umsetzt und wie das dann funktioniert, das sind ja zwei Paar Schuhe (lacht). Aber das würde ich gerne probieren.
Finden Sie, es gibt dumme Fragen?
Das ist ja immer der Klassiker, eigentlich gibt es nur dumme Antworten! Wenn ich in der Mastervorlesung sitze und mich jemand fragt, ob man wirklich alle Aminosäuren auswendig lernen muss, dann sind wir glaube ich im Grenzbereich. Aber gerade, wenn es um das Fachliche geht, gibt es keine dummen Fragen. Vor allem würde ich mich freuen, wenn sich die Studierenden viel mehr trauen würden zu fragen. Denn die Interaktion mit Studierenden macht eigentlich viel mehr Spaß als wenn man nur vorne steht und 90 Minuten am Stück selber erzählt. Eigentlich ist es viel interessanter, wenn Rückfragen kommen. Das ist im Mastermodul natürlich einfacher als im Grundmodul mit 80 oder 100 Leuten.
Was für ein Student waren Sie eigentlich?
Was für ein Student war ich? Ein relativ durchschnittlicher, ganz normaler Student. Ich habe noch auf Diplom studiert, da hatte man weniger Pflichtveranstaltungen. Und wenn man Mathe-Leistungskurs in der Schule hatte, dann musste man nicht zwangsläufig die Mathematikübungen und die -vorlesungen nochmal mitnehmen, sondern musste hintenraus nur eine Klausur bestehen. Deswegen habe ich mich bei solchen Veranstaltungen manchmal anderweitig beschäftigt, sagen wir mal so. Da habe ich dann die eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt.
Wenn Sie nochmal studieren könnten und Biologie keine Option wäre, was würden Sie dann studieren? Haben Sie noch andere Interessen?
Interessen auf jeden Fall! Ich finde alles, was mit Elektronik zu tun hat, ganz interessant. Aber der Grund ist ja trotzdem wieder biologierelevant, weil ich diese ganze neuronale Übermittlung von Stromimpulsen auch sehr interessant finde. Und wenn man da ein besseres Wissen von elektrischer Pulsübertragung hätte- da habe ich allerdings auch schon wieder eine biologische Anwendung im Kopf. Aber über diese Frage habe ich letztens tatsächlich nachgedacht. Die Alternative zum Biologiestudium war Energie- und Umweltmanagment zu studieren. Das wäre vor 22 Jahren, als ich angefangen habe, natürlich eine sehr weitsichtige Entscheidung gewesen. Da gab es tatsächlich einen zweisprachigen Diplomstudiengang in Flensburg, damals habe ich drüber nachgedacht. Aber da hätte ich Dänisch lernen müssen.
Fühlen Sie sich als Professor anders, hat sich irgendwas verändert?
Nein, auf gar keinen Fall. Was soll sich geändert haben? Auch die Kommunikationsebene bei uns im Labor ist immer die gleiche geblieben. Es ist nicht so, als ob ich über jemandem stehen würde, wir versuchen da recht gleichberechtigt zu kommunizieren und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Das hat glaube ich auch viel damit zu tun, wenn man mal in Amerika war- da gibt’s diese Kultur des Siezens und dieses „Herr Professor“ nicht so. Da sehen sich die Leute auf einer Ebene und das hat man verinnerlicht.
Haben Sie das Gefühl, als Professor alles zu wissen?
Nein, auf gar keinen Fall! Dann bräuchte ich ja keine Forschung mehr zu machen. Wir versuchen ja jeden Tag etwas Neues herauszufinden. Es ist ganz einfach, wenn mich ein Student oder eine Studentin nach irgendwas aus der Vorlesung fragt und ich weiß das ich nicht, dann sage ich auch ganz ehrlich „das weiß ich nicht“ und schaue das nach. Und das passiert! Ich kann nicht alles wissen, wie soll das gehen? Die Antwort ist also: Nein, auf keinen Fall. Professoren wissen definitiv nicht alles, die können nur sehr gut ihre Unsicherheiten überspielen, glaube ich. Aber als Professor mehr zu wissen liegt ja in der Natur der Sache. Ich habe im Wintersemester 2000/2001 angefangen zu studieren. Ich beschäftige mich also schon seit 22 Jahren mit meinen Themen. Dass ich nun mehr weiß als jemand, der gerade angefangen hat, ist ja klar.
Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen Ihnen für Ihre Professur und Forschung alles Gute!