Dr. Katherina Psathakis Welt ist die der Mikroskope, genauer gesagt die der Elektronenmikroskope. Im Herzen des CellNanOS sorgt sie dafür, dass der Blick auf teilweise nur nanometergroße Zellstrukturen gelingt. Für sie immer wieder ein faszinierender Anblick.

Sie sind für die Elektronenmikroskopie im CellNanOs verantwortlich. Wie sind Sie zur Universität Osnabrück gekommen?

Ich habe selbst hier an der Universität Osnabrück studiert, das war wirklich eine ganz tolle Zeit. Aber meine Diplomarbeit bzw. den praktischen Teil habe ich damals auf Kreta absolviert. Ich bin dann nach Münster gegangen und habe dort in der Biochemie bzw.in die Zellbiologie mit einem zellbiologischen Thema promoviert, obwohl ich vorher meine Diplomarbeit in der Meereszoologie und –ökologie absolviert habe. Ursprünglich wollte ich auch in dem Themenbereich promovieren. Ich habe dann aber doch thematisch geswitcht, hatte aber während meines ganzen Werdegangs mit Elektronenmikroskopie zu tun. Nach der Promotion war ich dann über 10 Jahre am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster in der Stammzellforschung tätig, bin dann aber zurück an meine Ursprungsuniversität nach Osnabrück gegangen, weil es hier eine sehr interessante Stelle in der Elektronenmikroskopie im CellNanOs (Anm. d. Red.: Zentrum für zelluläre Nanoanalytik Osnabrück) gab.

© Universität Osnabrück | Lena Dehnen

Denn wo gibt es sonst in so einer geballten Form diese Möglichkeit, selbstständig an solchen Großgeräten zu arbeiten? Das ist einzigartig und man muss diesen Standort als etwas Besonderes hervorheben [...].

Die Elektronenmikroskopie haben Sie also im Studium als Methode kennengelernt. Kann man sagen, dass Sie sich dann nach und nach immer mehr in diese Mikroskopietechnik verliebt haben?

Das stimmt. Das ist eine ganz besondere Technik. Damals hat man natürlich viel Zellbiologie und Molekularbiologie gemacht. Elektronenmikroskopie wurde damals vergleichsweise seltener angewendet- es gab ja auch längst nicht so viele Geräte- jetzt ist es ja eher das Gegenteil, jetzt ist es ein völliger Hype. Dadurch, dass ich immer diese Nische belegt habe, habe ich letztendlich die Möglichkeit gehabt, diese tolle Stelle am CellNanOs zu bekommen.

Was ist Ihre Hauptaufgabe hier am CellNanOs?

Als ich hier ankam, war das CellNanOs ja noch im Aufbau (Anm. d. Red.: Eröffnung des CellNanOs war 2017), d.h. die Räumlichkeiten waren schon geplant, aber es musste baulich noch einiges an die hochspezialisierten Elektronenmikroskope angepasst werden. Es mussten die entsprechenden Elektronenmikroskope und Präparationsgerätschaften ausgesucht werden. Zu Beginn habe ich also sehr viel Zeit damit verbracht, denn es ging nicht nur um Pipetten, sondern um Großgeräte, die sehr viel Geld kosten. Solche Geräte schaut man sich grundsätzlich persönlich an und testet sie mit eigens mitgebrachten Proben. Dafür sind wir viel gereist, sogar nach London ins Kings College zu einem Kollegen. Danach mussten die Geräte installiert und in Betrieb genommen werden. Jetzt besteht meine Hauptaufgabe darin, dass die Geräte das tun, was sie tun sollen und dass die Leute, auch die Studierenden, an die Geräte gehen und ihre Projekte an die Geräte bringen. Denn wo gibt es sonst in so einer geballten Form diese Möglichkeit, selbstständig an solchen Großgeräten zu arbeiten? Das ist einzigartig und man muss diesen Standort als etwas Besonderes hervorheben, das ist ganz wichtig. In solch konzentrierter Form wie hier- wir haben 7 Elektronenmikroskope, die alle etwas Unterschiedliches können und dazu kann man sie mit unseren hochauflösenden Lichtmikroskopen kombinieren, das ist deutschlandweit ein Leuchtturm, etwas ganz Besonderes!

Was ist für Sie das einzigartigste Elektronenmikroskop hier am CellNanOs?

Ganz besonders ist das Rasterelektronenmikroskop, das mit einem Mikrotom kombiniert ist (Anm. d. Red.: ein Mikrotom schneidet den Probenblock in hauchdünne, mikroskopierbare Scheiben, bevor ein Bild gemacht werden kann, ein ursprünglich der Mikroskopie vorgeschalteter Prozess), bzw. die Methode Serial Block Face Imaging, d.h. man kann sehr hochvolumige Proben, z.B. ganze Gewebestückchen in einer hohen Auflösung in 3 D darstellen. Das Ultramikrotom schneidet dafür bis zu 15 Nanometer dünne Schnitte mit einem Diamantmesser von der Probe ab und das Mikroskop erstellt anschließend ein Bild von der Schnittfläche. Das passiert im Mikroskop mehrere tausend Mal. Legt man die vielen Schnitte übereinander, erhält man eine 3D-Abbildung von der Probe. Wir haben insgesamt vier Transmissionselektronenmikroskope, die ein zweidimensionales Bild erstellen, aber der Trend geht ja in die dritte Dimension und das in einem hohen Volumen. Und wir können hier Beides: 3D-Mikroskopie in hoher Auflösung und 3D-Mikroskopie in großem Volumen, und das automatisiert. Das ist wirklich toll.

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Dr. Katherina Psathakis Herz schlägt für die Elektronenmikroskopie. Im CellNanOs, dem Zentrum für zelluläre Nanoanalytik sorgt sie dafür, dass die leistungsstarken Mikroskope funktionieren und begleitet Wissenschaftler auf dem Weg zu ihrem Traumbild. Hier bespricht sie mit den Promovierenden Leo und Rico (v.l.n.r.) die Ergebnisse.

Was für Projekte begleiten Sie am CellNanOs?

Die Projekte kommen aus den Arbeitsgruppen unseres Biologie-Fachbereichs und von externen Kooperationspartnern aus anderen Universitäten und Forschungseinrichtungen, entsprechend anspruchsvoll ist es natürlich hinsichtlich der Elektronenmikroskopie, weil keine Probe ist wie die andere. Man muss präparatorisch viel leisten, man kann nicht einfach die Maschine anmachen und alles funktioniert, jede Probe ist anders. Es macht einen Unterschied, ob man eine Fruchtfliege untersuchen möchte oder einzelne Zellen, oder Gewebe, oder Bakterien oder Hefen, das sind sehr unterschiedliche Proben. Momentan laufen Projekte aus der Zoologie-Entwicklungsbiologie, d.h. an Fruchtfliegen, aus der Mikrobiologie, das sind Bakterien, Salmonellen, die andere Zellen infiziert haben. Dazu haben wir Hefen, Pflanzen… alle möglichen Proben.

Was ist Ihre konkrete Aufgabe in diesen Projekten?

Es gibt Promovierende oder Studierende, die wollen selbst viel lernen, die kriegen die Präparation und die Mikroskopie dann beigebracht. Manche brauchen aber einfach nur ein Ergebnis, d.h. sie bringen ihre Proben und wir bereiten alles vor und führen die elektronenmikroskopische Arbeit durch, sodass sie nur das fertige Bild erhalten. Wir beraten aber natürlich auch und werten das Material mit aus. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Leute eingearbeitet werden, sodass sie ein Praktikum in der Elektronenmikroskopie machen oder einen Teil ihrer Doktorarbeit damit verbringen, diese Methode zu lernen. Später haben sie dadurch die Möglichkeit, sich mit dieser Expertise auf entsprechende Stellen bewerben zu können. Das ist ja eine Expertise, die nicht jeder hat und die man eben auch nicht allen Unis bekommt. Das ist etwas Besonderes, was die Studierenden hier in Osnabrück im Vergleich zu anderen Universitäten geboten bekommen.

Gibt es Proben, die Sie besonders interessieren oder die Sie optisch besonders ansprechend finden?

Da ich lange in der Stammzellbiologie gearbeitet habe, finde ich das immer noch faszinierend, dass man aus humanen Hautzellen durch Reprogrammierung andere Zelltypen oder kleine Organe, sogenannte Organoide, differenzieren kann, wie beispielsweise kleine Minigehirne. Im Fall der Hirnorganoide siehst du dann unter dem Mikroskop wirklich die Synapsen, und wenn man sich vorstellt, das war vorher eine Hautzelle, das finde ich immer noch sehr faszinierend. Dass ich beispielsweise eine Veränderung wirklich als Struktur unter dem Mikroskop sehen kann und nicht nur als einen Streifen nach einer PCR. Das sind dann wirklich Neurone, Bakterien oder ein Fliegenherz und man kann es mit eigenen Augen sehen. Da muss ich sagen, da freue ich mich am meisten, diese Vielfalt und vor allem die verschiedenen biologischen Strukturen sehen zu können. Und schöne Strukturen hat man fast immer dabei. Und die Zeit rennt einem eigentlich immer weg am Elektronenmikroskop. Wenn man da sitzt und man hat so schöne Proben, dann vergehen die Stunden und man merkt es nicht. Ich bin da auch ein Mensch, der sich in schönen Dingen verliert, da muss man schon auf seine Zeit aufpassen.

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Wenn man da sitzt und man hat so schöne Proben, dann vergehen die Stunden und man merkt es nicht!

Welches ist Ihr Lieblingsmikroskop hier im Hause? Welche Technik gefällt Ihnen besonders gut?

Rein von dem was man als Ergebnis rausbekommt, ist natürlich das eben schon erwähnte „serial block-face“-Elektronenmikroskop toll. Wobei man andererseits sagen muss, da wird die Probe eingesetzt und erst eine ganze Woche später kommt sie wieder raus. Da ist dann eher das Resultat spannend. Das Mikroskop selbst ist besonders, weil da ein Mikrotom drinsitzt. Das zu kombinieren mit diesem hochpräzisen Elektronenmikroskop ist faszinierend. Man sitzt nicht die ganze Zeit dran, aber man kann immer wieder zugucken und schon mal durch das entstehende 3D-Model durchfahren. Das ist schon toll. Ein Lauf den wir mal hatten bestand aus 3000 Bildern. Für die anschliessende Auswertung braucht man dann natürlich auch entsprechende Computer. Ein bis zwei Terrabyte Datenmaterial, da braucht man schon einen echt starken Rechner.
Als Technik finde ich auch die Immunlabelling-Technik toll (Anm. d. Red.: die Antikörper-Markierung eines spezifischen Moleküls oder Eiweiß auf einem ultradünnen Mikroskopieschnitt für die exakte Lokalisierung), auch wenn es oft anstrengend ist. Bis man zu einem richtigen Ergebnis kommt, bis man z.B. sagen kann das Antigen (Anm. d. Red.: das zu markierende Eiweiß) sitzt auf der inneren Membranseite eines Organells oder auf der äußeren, ist es sehr anspruchsvoll. Da kommen viele Faktoren zusammen: Die präparatorische und biochemische Seite wie die Antikörperwahl und mehr. Aber am schönsten für mich, fast schon ein Hobby, ist die Rasterelektronenmikroskopie, die Bilder sehen einfach klasse aus, die kann man sich an die Wand hängen (Dr. Psathaki zeigt auf die Rasterelektronenbilder an den Wänden ihres Büros).

Geben Sie gerade Vorlesungen? Wo kann man Sie erleben?

In diesem Semester noch nicht, aber wir planen für das kommende Wintersemester (Anm. d. Red.: Wintersemester 2020/2021) eine Lehrveranstaltung, da geht es um Licht- und Elektronenmikroskopie, aber auch um Datenmanagement. Es soll ein eigenständiges Modul werden mit einem zweiwöchigem Praktikum. Wenn das funktioniert, würde ich auch gern noch selbst mehr anbieten. Wenn man hier seinen Bachelor macht, kann man natürlich jederzeit zu mir kommen und eine Art Minipraktikum machen. Und selbstverständlich arbeiten wir auch Master oder Doktoranden ein, wenn Interesse besteht.

Sie haben erzählt, dass Sie Ihre Diplomarbeit auf Kreta gemacht haben. Wie ist Ihre Verbindung zu Griechenland?

Ich bin Halbgriechin, komme ja von Kreta und wäre eigentlich auch gern nach dem Diplom gleich dort geblieben, ich wollte dort Meeresbiologie und -zoologie weitermachen, aber der Weg hat mich woanders hin verschlagen. Und ich muss sagen, es ist vielleicht der richtige Weg gewesen. Kreta ist aber nach wie vor meine Heimat und abgesehen davon mein Traumland, ich bin gerne da.

Was machen Sie, um den Kopf frei zu kriegen?

Eigentlich wollte ich Freilandbiologin werden, darum habe ich eigentlich auch Biologie studiert. Ich bin ein Freiluftmensch: immer nur draußen, draußen, draußen und Tiere. Ich habe ein Pferd und ich gehe jeden Abend mit ihr ausreiten, da habe ich genug Ablenkung. Dann gehe ich gerne laufen, Rennrad fahren, mache gerne Ausdauersport. Hauptsache es findet draußen statt! Was ich nicht so gerne mag, sind große Menschenmengen. Manche gehen ja gerne auf Festivals, ich muss nicht abends noch in eine Kneipe rennen. Ich brauche da eher frische Luft, Natur und Freiheit.

 

Danke für das Interview!